Exkursion nach Sinzenich

Burgen und Torten: Exkursion nach Sinzenich unter Leitung von Armin Meißner

Der Treffpunkt der Exkursion am 17. Mai war in Sinzenich (ein Ortsteil von Zülpich) gegenüber dem

Hier trafen sich die per PKW angereisten Teilnehmer, und hier sollte der Rundgang auch enden, bei von Armin Meißner empfohlener und selbstgebackener Torte des Hauses.

Die Torte mußte aber noch „verdient“ werden: Am Modell einer Römervilla und der Tafel 1 des Ortsrundgangs mit einer Darstellung der Geschichte und Genealogie der Herren der beiden Herrschaften von Sinzenich startete der Rundgang durch den Ort, der sich direkt neben der Hauptdurchfahrtsstraße bei strahlendem Sonnenschein als entzückend präsentierte.

St. Kunibert: Wie die Franken die Römerbauten nutzen

Nach Begrüßung durch Armin Meißner ging es zur Kirche St. Kunibert. Das Kirchengebäude war ursprünglich eine römische Villa. Im heutigen Kirchbau sind die römischen Mauern bis zu einer Höhe von 9 Metern noch gut zu erkennen. Die in das Rheinland eindringenden Franken haben die römischen Bauten durchaus genutzt: Zunächst wurde die römische Villa als „Residenz“ und Wohnsitz des Anführers, als dieer sie aus „Sicherheitsgründen“ verließ und auf eine Motte zog, stellte er die verlassene Villa für den Kirchbau zur Verfügung. So widerlegt das Beispiel Sinzenich die früher allgemeine Auffassung, die Franken hätten die Römerbauten nicht bewohnt und genutzt.

Markt für „Gebrauchttiere“ und Grenzlage

Der Ort Sinzenich nahm aufgrund seiner Lage an der Römerstraße Köln – Trier eine gute Entwicklung. An der Stelle zwischen Eifelanstieg und Ebene gelegen, bot er sich als Rast- und Pausenort an. An ihm entwickelte sich ein Markt für alte Nutztiere. Diese waren wegen der anstrengenden Höhenunterschiede in der Eifel nicht mehr „brauchbar“, wohl aber in der Ebene.

Die frühere Grenzlage zwischen den Erzbistümern Köln und Trier machte Sinzenich zu einem begehrten Lehensmann, insbesondere Köln umwarb Sinzenich. Dieses Werben war verbunden mit der Einräumung und Zusagen von Rechten und Vorteile, was die kleinen Herrschaften durchaus für sich zu nutzen wussten.

Wasserwirtschaft

Dem Bachlauf durch den Ort folgend erläuterte Armin Meissner die intensive Wasserwirtschaft in der Unterherrschaft. Der Bachlauf war damals kanalisiert, denn Wasser erfreute sich intensiver Nutzung: Teiche für Fische, Rückhaltebecken, Löschwasser, Wasserreservoir für trockene Sommer und Kraftspeicher für den Mühlenbetrieb.

Die ehemalige örtliche Bannmühle liegt auch am Bachlauf, hier mußten die ansässigen Bewohner und Bauern ihr Getreide mahlen lassen. Insofern bedeutet der Bann eine Abnahmepflicht im Sinne eines Benutzungszwangs. Eine Aufhebung des Nutzungszwangs erfolgte erst mit der französischen Revolution und dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen im Rhein 1794. Der Verfall der Teichwirtschaft und eine Verwilderung der Bachläufe waren die Folge. Denn die erforderlichen Arbeiten im Rahmen der Wasserwirtschaft wie die jährliche Reinigung der Teiche erfolgten durch Frondienste der Bewohner und Untertanen. Diese Frondienste waren die Basis der Unterherrschaft. Eine neue Kanalisierung erfolgte dann erst im 19. Jahrhundert.

TIM

Die zahlreichen, künstlich angelegten Teiche und Weiher sind insbesondere auf den Tranchotkarten, die in napoleonischer zeit für das Rheinland angelegt wurden, nachzuverfolgen (das gilt auch für Alsdorf!). Diese und andere historische Karten können schon seit geraumer Zeit durch ein besonderes Programm namens „TIM“ im Internet aufgerufen werden, so der Tipp von Frau Müller vom Eschweiler Geschichtsverein.    

Burg Sinzenich

Von der alten und eigentlichen Burg – wegen der früheren großen Teiche und Wasseranlagen in einiger Entfernung vom Ortskern gelegen – sind nur die Grundmauern des Burgturms erhalten, während die ausgebaute, gut erhaltene Vorburg bewohnt ist und am breiten Wassergraben liegt, in dem sie sich intensiv spiegelt.

Der Galgenberg

Auch wenn wir den Weg zum Galgenberg nicht weiterverfolgten, erläuterte Armin Meißner die damalige Rechtslage: Der Grundherr hatte die Gerichtsbarkeit inne, eine Gewaltenteilung gab es nicht. Der Grundherr ist „Arbeitgeber“ und Gerichtsherr in einem: Todesurteile waren selten, sie  mussten durch Universitätsgutachten überprüft und bestätigt werden. Symbol der Blutsgerichtsbarkeit, der Gerichtsbarkeit über Leben und Tod, war der Galgen, der – so Meißner – deswegen an markanter, erhöhter, gut sichtbarer Stelle stand: Nicht nur Abschreckung sondern auch als sichtbares Zeichen der Geltung von Recht und Gesetz, ein Ausdruck der Rechtssicherheit. In spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gemälden ist der verwitterte Galgen Zeichen der Rechtsunsicherheit, des Verfalls von Recht und Gesetz.

Exkurs: Gerichtsbarkeit und Galgen in Alsdorf

Auch in Alsdorf gab es einen Galgen, den „Galgenplei“ im heutigen Alsdorf Busch.  Der wesentlich bekannte Fall der Verhängung von Todesurteilen ist die Hinrichtung von 14 als Bockreiter beschuldigten Personen 1775 (also vor 250 Jahren).  

Dazu heißt es in der Alsdorfer Stadtgeschichte: In Alsdorf „waren vierzehn Bockreiter eingekerkert. Sie lagen in den unterirdischen Verliesen der Burg. Drei konnten zwar entfliehen, den übrigen aber machte der Gerichtsherr Anton Ludwig von Blanckart den Prozeß. Am Galgen auf dem „Galgenplei” (heute Platz der Volksschule Alsdorf-Busch) wurde das Urteil vollstreckt. Pfarrer Tiège führt im Sterberegister die Namen derjenigen an, die 1775 „zum Tode verurteilt und am Galgen aufgehängt wurden” (Alsdorf-Meine Heimatstadt Kapitel 10.04. Sr. 2  Die Zeit der Bockreiter (1735-1776)) vgl. dazu auch:

  • Karl Bernd Ghislain: Zopp, das Dorf der Bockreiter, JBl. AGV 2011/12, S. 221 ff.;
  • Klaus Peschke: Die Freiherrlichkeit Alsdorf bestraft die „boesdaden“ der Bockreitern , JBl. AGV 2011/2012, 199 ff. ,

Königreich USA?

Als im Gespräch das Thema USA aufkam, berichtete Armin Meißner, dass bei den Verhandlungen und Beratungen zur Amerikanischen Verfassung auch der Vorschlag im Raum stand, die vereinigten Staaten als konstitutionelle Monarchie zu gestalten und dass als möglicher Kandidat für den König Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder von Friedrich II. von Preußen gehandelt wurde.   

Das große Finale: Die Torte

Es war schon später Nachmittag, als die Exkursion ausklang. Armin Meißner hatte nicht zuviel versprochen, die Torte des Eifel Anikhaus Café war excellent, und zwar so excellent und überzeugend, dass einige Teilnehmer noch ein Stück Kuchen für den Sonntag mitnahmen.

Alles in allem: Sinzenich ist ein entzückender Ort, schön ausgestaltete historische und naturkundliche Rundgänge und ein reizendes Café machen ihn zu einem unerwarteten Highlight und Erlebnis.

Hinweise:

Sinzenich_6seiter_17-08_Ansicht.pdf

Naturschutzgebiete – Dorfgemeinschaft-Sinzenich e.V.

Eifeler Antikhaus Café – Zülpich – Das Café in Zülpich!